Cambarellus puer

30.12.2022 (Überarbeitung)

Trivialname: Knabenkrebs

Vollständiger Artname: Cambarellus puer Hobbs, 1945

Text: Christian Splettstößer & Volker Eßer   Fotos: Volker Eßer

Dieser Text basiert auf dem Artikel aus Heft 5 von Garnele-Online vom 02.05.2007.

Der Knabenkrebs ist ein klein bleibender Krebs mit einer Körperlänge von maximal 4cm . Der Trivialname ist vom wissenschaftlichen Namen abgleitet, das lateinische puer heißt übersetzt Knabe.

Cambarellus puer

Die natürlichen Habitate liegen in Nordamerika, im Süden der USA, hauptsächlich in Louisiana und Texas.

Von der äußeren Erscheinung her zeigt die Art ein recht interessantes Phänomen. Je nach Umgebung ändern die Tiere innerhalb von wenigen Stunden – einzelne Tiere erst nach einigen Tagen – ihre Färbung. Zwar zeigen die meisten Wirbellosen ein ähnliches Verhalten, aber nicht in dieser Ausgeprägtheit. Tiere die von einem recht dunklen Becken mit schwarzem Bodengrund in ein sehr gut beleuchtetes Becken mit Sand als Bodengrund umgesetzt wurden, wandelten sich von einem flächig braun-rotem Farbton zu sehr hellen beigefarbenen Tieren mit leichtem Punktmuster um. Als ich meine ersten Tiere bekommen habe waren diese sogar ziemlich bläulich, was aber leider schnell verschwand.

leichte Blaufärbung

Diese farbliche Variabilität erklärt daher wohl auch die teilweise großen Unterschiede im Aussehen der Tiere bei verschiedenen Haltern.

Haltungsbedingungen

Die Haltung der Krebse ist ziemlich einfach. Sie stellen keine allzu großen Ansprüche an ihre Umgebung. Das Wasser darf ruhig etwas härter und einen pH-Wert über 7 haben. Die Tiere sind dabei aber sehr tolerant und vertragen meist auch abweichende Werte gut.

Die Temperatur sollte zwischen 20°C und 28°C liegen. Über gewisse Zeiträume werden auch höhere oder tiefere Temperaturen vertragen, was aber dauerhaft eher nicht zu empfehlen ist.

Die Beckeneinrichtung sollte möglichst viele Verstecke bieten, damit die Jungtiere genügend Schutz finden. Dazu können sowohl Höhlen als auch Steinaufbauten und Wurzeln dienen. Da die Krebse nicht an gesunde Pflanzen gehen, kann eine üppige Bepflanzung sinnvoll sein. Die Aufbauten durch Steine und Wurzeln dürfen ruhig bis an die Wasseroberfläche reichen, da die Krebse recht gern klettern.

Vergesellschaftung

Bei der Vergesellschaftung gilt es die üblichen Dinge zu beachten. Größere Fische könnten die kleinen Krebse als Futter betrachten. Die meisten Buntbarsche fallen daher auf jeden Fall als Vergesellschaftung weg. Ideal sind kleinere Fischarten, z.B. Boraras merah. Auch klein bleibende Panzerwelse eignen sich da recht gut. Wichtig ist dabei, dass die Welse nicht ausschließlich den Boden bevölkern, sondern auch zum Teil freischwimmend die anderen Beckenbereiche aufsuchen. Gut geeignet sind z.B. Corydoras pygmäus und Corydoras hastatus.

Mit anderen Krebsen ist eine Vergesellschaftung nicht zu empfehlen. Meist überlebt auf Dauer nur eine Art. Bekannt ist, dass Cambarellus shuefeldtii und C. puer nicht funktionieren. Der shuefeldtii verdrängt den Knabenkrebs.

Da der Knabenkrebs eine amerikanische Krebsart ist, scheidet eine Haltung mit Krebsen von anderen Kontinenten sicherheitshalber von vornherein aus. Da amerikanische Krebse potentielle Träger der Krebspest sind, wäre eine Ansteckung der anderen Krebse möglich. Krebse von anderen Kontinenten gehen an der Krebspest zugrunde. Von daher sollte man das Risiko ausschließen.

Eine Besonderheit ist die Vergesellschaftung mit Zwerggarnelen. Der Cambarellus puer geht aktiv auf die Jagd nach den Garnelen. Sie legen sich an den bevorzugten Stellen der Garnelen bewegungslos auf die Lauer. Kommt dann eine Garnele in unmittelbare Nähe versucht der Krebs blitzschnell die Garnele zu packen. Dabei macht der Krebs einen Satz nach vorn. Das Tempo das der Krebs dabei entwickelt ist durchaus erstaunlich. Trotzdem ist die Erfolgsquote sehr gering, aber auch nicht gleich Null.

Je nach Anzahl der Krebse und der Garnelen ist der Rückgang bei den Garnelen schnell spürbar. Natürlich ist auch die Reproduktionsrate der Garnelen dabei nicht unwichtig. Schnecken sind ebenfalls gefährdet. Posthorn- und Quellblasenschnecken sind gern gesehene Zwischenmahlzeiten. Turmdeckelschnecken scheinen dagegen nicht geknackt werden zu können.

Ich halte meinen Stamm zusammen mit Red Fire Garnelen, Rennschnecken, Dornaugen und einigen Boraras merah in einem 240 Liter Aquarium. Diese Vergesellschaftung klappt problemlos, und es kommen sowohl von den Garnelen, als auch von den Krebsen, einiges an Nachwuchs durch. Es werden zwar auch hin und wieder Garnelen erbeutet, was aber aufgrund der hohen Vermehrungsrate kaum auffällt.

Futter

Natürlich ernährt sich der Knabenkrebs nicht nur von Garnelen. Im Gegenteil, die Tiere sind absolut keine Kostverächter und unterscheiden sich daher in dem Punkt auch nicht von den meisten anderen Krebsarten. Sie fressen sowohl gängige Fischfuttersorten, also Flocken und Tabs, sowie  Frostfutter.

Das wichtigste Futter ist aber wohl Laub. Das dient dann gleichzeitig den Jungkrebsen als Versteck. Auch gängiges Gemüse, insbesondere Gurken, wird gut angenommen. Die Krebse sind bei der Futtersuche auch nicht kleinlich. Da wird schon mal im Bodengrund gewühlt um an Futterreste oder anderem Essbarem zu suchen. Wer Erlenzapfen einsetzt, wird feststellen, dass auch diese gern geknabbert werden.

bei der Nahrungsaufnahme

Verhalten

Die Krebse sind auch im Gesellschaftsbecken nicht besonders scheu. Zu Fütterungszeiten kann man sie sogar als vorwitzig bezeichnen. Untereinander geht’s dann auch schon mal etwas ruppiger zur Sache. Die Tiere leben in erster Linie am Boden, was bei Krebsen ja nicht weiter verwunderlich ist. Sie sind aber auch sehr eifrige Kletterer und besteigen höchste Wurzeln oder Steinaufbauten. Bei mir ist eine Lieblingsstelle die Filtermatte. Da sich dort auch die Garnelen gern aufhalten, legen sich die Krebse bevorzugt dort auf die Lauer.

Ob es sich eher um Einzelgänger oder doch um Gruppentiere handelt kann ich noch nicht sicher sagen. Hier gibt es klare Widersprüche. Eventuell bevorzugen sie auch die Paarbildung.

Meistens kann man die Krebse in Zweiertrupps sehen. Wo einer ist, ist oft noch min. ein Zweiter. In anderen Fällen wird ein zweiter Krebs sofort attackiert und hin und wieder kann man auch mehrere Krebse friedlich zusammen sehen.

Hier sind aber auf jeden Fall noch Fragen offen, bei denen ich die Antwort auch noch schuldig bleiben muss.

Zucht

Die Zucht ist meist recht einfach. Die Tiere scheinen eine recht hohe Wassertemperatur zu bevorzugen. Außer einer Temperatur ab 24°C und genügend Platz ist nicht viel nötig. Meist bekommt man relativ schnell ein eiertragendes Weibchen zu Gesicht.

eiertragendes Weibchen Foto: C. Splettstößer

Der Geschlechtsakt ähnelt dabei mehr einer Vergewaltigung. Der männliche Krebs dreht das Weibchen auf den Rücken und begibt sich über sie. Mit seinen Scheren packt er die Scheren der Dame und drückt diese zu Boden.

Paarung Foto: C. Splettstößer

Das Weibchen kann sich so kaum noch rühren und das Männchen schiebt sich auf dem Weibchen in Position. Dass Hin und Her kann dabei durchaus mehrere Minuten dauern. Anschließend gehen beide wieder unverletzt ihrer Wege.

Kurze Zeit später hat das Weibchen dann Eier an den Pleopoden  (Schwimmbeinen)  angeheftet. Diese scheinen sich relativ schnell zu entwickeln. Nach etwa drei Wochen trägt das Weibchen dann noch zwei bis vier Tage die geschlüpften Krebse mit sich spazieren. Erst dann verlassen die Jungkrebse das Muttertier und beginnen die begrenzte Welt des Aquariums zu entdecken.

Dabei drohen nicht nur die Gefahren durch die anderen Bewohner, sondern auch durch die adulten Krebse. Je kleiner das Aquarium desto weniger Tiere kommen durch.

Pro Wurf trägt ein Weibchen etwa 30 bis 60 Eier. Die Schlupfrate ist dabei immer sehr hoch. Jüngere Tiere tragen dabei meist weniger Eier als Ältere. Bereits nach 3 Monaten sind die kleinen Krebse in der Regel geschlechtsreif und beginnen ihrerseits den Bestand zu sichern.

Schlusswort

Der Knabenkrebs ist ein interessanter Pflegling der auch in vielen Gesellschaftsbecken gepflegt werden kann, sofern gewisse Dinge beachtet werden. Der wichtigste Aspekt hierbei ist wohl die Beckengröße und die Populationsdichte. In zu kleinen Becken oder bei zu vielen Tieren schaffen sie sich selbst den benötigten Raum in dem die Anzahl der Tiere reduziert wird.

Im Handel tauchen immer mal wieder Krebse unter dem Namen auf. Leider kann man nicht sicher sein, auch genau die Krebse zu erhalten. Die meisten nordamerikanischen Zwergkrebse sehen sich sehr ähnlich und lassen sich oft nur mit Lupe oder Mikroskop voneinander unterscheiden. Auch die temporäre Blaufärbung zeigen tatsächlich viele Arten.