Libellenlarven im Aquarium

Die Larven von Libellen sind im Aquarium sehr gefährliche Bewohner. Wie die fliegende Libelle sind auch die Larven Räuber und erbeuten daher andere Aquarienbewohner. Dabei können die Opfer auch schonmal etwas größer als die Larven selbst sein. Da die Larven nachtaktiv sind, sieht man sie in der Regel nicht, was die Sache deutlich erschwert.

Foto: Silvia Splettstößer – frisch geschlüpfte Vierflecklibelle

Symptome

Meist bemerkt man Libellenlarven gar nicht. Bei großen Fischen, wie Kaiserbuntbarschen erledigt sich das Problem in der Regel, bevor der Halter es mitbekommt. In Aquarien mit viel Nachwuchs, wie bei Lebendgebärenden oder Garnelenaquarien, verschwindet zwar Nachwuchs, aber das fällt oft kaum auf.
In anderen Aquarien dagegen bemerkt man, dass hin und wieder ein Bewohner verschwunden ist. Manchmal findet man auch Reste, die deutlich beschädigt sind. Das kann dann zwar ein Hinweis auf eine oder mehrere Libellenlarven sein, muss aber nicht.

Diagnose

Selten bekommt man im Aquarium Libellenlarven so gut zu Gesicht wie hier. Ein klein wenig scheint das Tier sich das Lachen aber nicht verkneifen zu können.

In solchen Fällen gehört eine genaue Beobachtung des Aquariums auf jeden Fall zum Standardprozedere. Die Ursache für solche Todesfälle muss ja gefunden werden. Wer während der Beleuchtungszeiten nichts findet, sollte abends mit einer Taschenlampe ins Becken leuchten. Larven werden von dem Licht angezogen. Mit etwas Geduld kann man daher dann die Larven entdecken und mit dem Kescher aus dem Becken entfernen.

Libellenlarven gibt es in vielen Varianten. Neben der Färbung variieren auch die Formen, vor allem zwischen Klein- und Großlibellen.
Nymphe verlässt zur Metamorphose zu Libelle das Wasser
Foto: Uli Waßmann

Larvenidentifizierung

Das Thema ist besonders schwierig. Weltweit gibt es über 6000 derzeit bekannte Arten. Wie bei den fliegenden Libellen sehen auch die Larven durchaus unterschiedlich aus, manchmal aber auch extrem ähnlich, so dass nur winzige Unterschiede existieren die man mit dem Auge kaum erkennen kann.

Großlibellenlarve

Am einfachsten ist die Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinlibellelarve. Kleinlibellenlarven haben am Körperende drei “Flügelchen”. Dabei handelt es sich um sogenannte Tracheenkiemen, also die Atmungsorgane der Larven. Bei Großlibellenarten sind es Rektalkiemen. Wie der Name schon vermuten lässt liegen diese Kiemen im Darm.

Die Tracheenkiemen einer Kleinlibellenart.

Selbst die Färbung ist kein sicher Hinweis, da sich diese in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien durchaus ändern kann. Das grüne Exemplar hier halte ich für eine Mond-Azurjungfer. Allerdings ist das hauptsächliche Verbreitungsgebiet dieser Art nicht in Hessen, wo ich dieses Exemplar im Kescher hatte. Da ich eindeutig kein Odonatologe (Libellenkundler) bin, ist mein Verdacht da auch mit Vorsicht zu geniessen.

Leider gibt es auch nur sehr wenig Literatur über Libellenlarven. Bei der vorhandenen Literatur gibt es meist eins von mehreren möglichen Problemen. Entweder sind die Bücher wenig hilfreich, in Fremdsprachen verfasst, sehr teuer oder gar nicht mehr erhältlich. Die Infos im Netz sind meist ebenfalls bestenfalls rudimentär zu nennen. Diesen Punkt kann ich für die Infos zur Bestimmung auf Garnele-Online eindeutig nicht entkräften.
Da es mir aber ja auch in erster Linie um die Aquaristik geht, spielt die genaue Identifizierung keine große Rolle. Libellenlarven und auch Larven anderer Insekten sind im Aquarium entweder fehl am Platz oder Futter. Da heimische Libellenarten alle geschützt sind, trifft hier also fehl am Platz zu.

Behandlung

Das Herauskeschern ist meiner Ansicht nach die beste Methode. Aber was danach? Denn es gibt ein Problem. Für einheimische Arten gilt das Bundesnaturschutzgesetz und die meisten Arten sind noch dazu besonders geschützte Arten. Diese dürfen dem Gesetz nach nicht ohne wichtigen Grund getötet werden. Bleibt als Alternative das Aussetzen im nächsten Teich.
Da kommt aber das nächste Problem hinzu. Meist schleppt man Libellenlarven mit Aquarienpflanzen ein. Diese stammen oft aus Großgärtnereien aus Europa, aber auch Asien. Und asiatische Arten die hier nicht heimisch sind, darf man nicht aussetzen, da diese als invasive Arten unsere einheimischen Arten bedrohen würden. Hier kommt also Aussetzen nicht in Frage.

Das führt dann zu Problem 3: Anhand der Larven herauszufinden ob es einheimische oder Exoten sind ist für Laien nur sehr schwierig möglich. Was also machen, wenn töten oder aussetzen nicht erlaubt sind? Die wenigsten werden den Libellen ein eigenes Terrarium einrichten wollen, wo hinterher auch die Libellen leben können.

In vielen Foren oder den sozialen Medien wird das Töten empfohlen. Das dies rechtlich in Deutschland einen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz darstellt, wird entweder geflissentlich ignoriert oder schlichtweg abgestritten. Dazu finden sich im Netz auch passende Aussagen von Behörden: Ob diese wirklich authentisch sind, kann ich nicht 100%ig sagen, gehe aber davon aus. Auch dort sitzen Menschen mit unterschiedlichen Kenntnissen und unterschiedlichen Interpretationen der Gesetzestexte.

Da asiatische Libellen hier nicht wild lebend vorkommen und selbst Larven heimischer Libellenarten in Ihrem Aquarium nicht als wild lebend zu bezeichnen sind – sondern sich eben in menschlicher Obhut befinden – ist aus den einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen kein Tötungsverbot für Libellenlarven, die Sie beim Neukauf von Wasserpflanzen unwissentlich mit erwerben, abzuleiten.
Ausschnitt aus einer Stellungnahme des Thüringer Landesverwaltungsamts, Referat 410 | Naturschutz die im Internet immer wieder zitiert wird.

Als zuständige Behörde, ist diese Aussage damit für Thüringen, zum damaligen Zeitpunkt, als Erlaubnis zur Tötung anzusehen. Allerdings ist diese Aussage schon gewagt, denn wo beginnt die menschliche Obhut und wo endet sie? Fakt ist allerdings auch, dass die Antwort aus Thüringen erstmal nur für Thüringen gilt und andere Landesbehörden, mit ihrer Interpretation daher abweichen können.

Eine entsprechende Anfrage an das Bundesamt für Naturschutz ergab dann auch eine abweichende Antwort:

Aufgrund des besonderen oder strengen Schutzes einer Art folgen bestimmte Schutzvorschriften, die im Einzelnen im BNatSchG festgelegt sind, z.B. ein Entnahme- oder Tötungsverbot. Hiervon dürfen nach Landesrecht zuständige Behörden nur unter besonders engen Voraussetzungen Ausnahmen zulassen. Auch für nicht besonders geschützte Tierarten gilt der allgemeiner Artenschutz: Wild lebende Tiere dürfen nicht ohne vernünftigen Grund gefangen, verletzt oder getötet werden.
Ebenfalls aus einer im Netz kursierenden, beantworteten Anfrage an das Bundesamt für Naturschutz.

Das ungewollt im Aquarium auftauchende Libellenlarven nicht als “unter menschlicher Obhut befindlich” bezeichnet werden können, ergibt sich aus dem Begriff Obhut von selbst. Denn rechtlich bedeutet Obhut “fürsorglicher Schutz”. Da die Larven aber im Aquarium eben nicht den fürsorglichen Schutz genießen, sondern im Gegenteil, als ungewollter Bewohner getötet werden sollen, ist das mit dem Begriff Obhut schlicht nicht vereinbar.

Die Haltung von besonders geschützten Arten wäre auch verboten, bzw. würde eine gesonderte Erlaubnis durch die Behörde benötigen.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Libellenlarven im Aquarium ebenso als wildlebende Tiere anzusehen sind, wie im Teich, Hornissen in der Wohnung oder der Wolf im Schafsgehege. Nur weil diese Tiere in unsere Bereiche eindringen, werden sie nicht zu Tieren in menschlicher Obhut.

Foto: Uli Waßmann

Im Grunde ist es aber zweitrangig, denn in der Realität verfolgen die Landesbehörden keine Verstöße, die in der eigenen Wohnung passieren. Natürlich schon aus dem Grund, dass die Behörden solche Dinge nicht mitbekommen. Ohne eine entsprechende Anzeige werden die Behörden nicht tätig und bei Wirbellosen bleibt auch das Töten einzelner Tiere oft straflos.

Verwarnungsgelder wegen der Tötung von z.B. einzelnen Wespen sind sehr selten und bewegen sich bisher stets weit unter den maximalen Strafandrohungen der Landesbehörden. Im Normalfall führt das Töten einer Wespe selbst bei einer Anzeige zur Einstellung des Verfahrens. Quelle (externer Link): Nein – Wer eine einzige Wespe tötet muss nicht 50.000 Euro Bußgeld zahlen – correctiv.org

Die Situation bei Wespen lässt sich meiner Ansicht nach gut auf die Libellenlarven übertragen. Bei nicht besonders geschützten Arten, würde die Bedrohung für die gepflegten Tiere als Tötungsgrund vermutlich ausreichen. Bei den besonders geschützten Arten dagegen nicht.
Dass keine Strafverfolgung zu erwarten ist, bedeutet zwar nicht, dass die Tötung erlaubt ist, aber das es, realistisch betrachtet, im Endeffekt eine Frage der persönlichen Moral ist. Nur weil man etwas straflos machen kann, bedeutet nicht, dass es auch erlaubt ist oder für einen selbst in Ordnung ist.

Nicht Aussetzen!

Wer also die Larven nicht töten, nicht im Aquarium lassen und auch nicht umquartieren kann oder möchte, hat ein schwer lösbares Problem.
Das Aussetzen ist hier definitiv die schlechteste Variante. Das sollte in keinem Fall erfolgen, sofern man nicht sicher ist, dass es sich um eine einheimische Art handelt.
Die für mich sinnvollste Möglichkeit , ist es diese Larven an eine Auffangstation abzugeben. Bisher kenne ich allerdings nur eine Auffangstation:

Dragonfly – Libellen Auffangstation Saarbrücken
Mailkontakt: dragonflydieauffangstation@gmail.com

Wer sich über die interessanten Tiere weiter informieren möchte, dem empfehle ich das Buch “Die Libellen Deutschlands: Entdecken – Beobachten – Bestimmen” von Michael Frank und Angela Bruens. Die Bestimmung der Larven ist allerdings im Buch nicht zu finden. Wer sich jedoch fragt, was für Libellen im heimischen Garten herumfliegen findet hier wahrscheinlich die Antwort.

Weitere externe Links:

Kleinlibellenlarven auf Garnelenhaus.de

Weitere Fotos

Foto: Uli Waßmann
Foto: Uli Waßmann