InVitro-Pflanzen
Seit einiger Zeit hat sich im Handel der Verkauf sogenannter InVitro-Pflanzen etabliert. Wer heute in den gut sortierten Fachhandel schaut, findet immer auch Kühlschränke in denen Pflanzen in kleinen verschweißten Töpfen verkauft werden. Noch vor 20 Jahren sind solche Angebote nicht zu finden gewesen – jedenfalls habe ich damals so etwas nirgendwo gesehen.
Das erste Mal über das Thema gestolpert bin ich 2008 im Garnelenforum. Da berichtete jemand über ein solch erworbenes Töpfchen und die Nährlösung darin. Damals hat mich das Thema Pflanzen allerdings nur am Rande interessiert. Aber Pflanzen aus dem Kühlschrank und nicht aus dem Wasser hat damals bei mir Skepsis ausgelöst.
Heute ist dieses Pflanzenangebot die beliebteste Form im Handel. Die Vorteile liegen dabei sowohl beim “Hersteller” der Pflanzen, als auch beim Handel und dem Endverbraucher. Aber dazu später. Fangen wir mit dem Grundsätzlichen an.
Was bedeutet InVitro?
In vitro kommt aus dem Lateinischen und bedeutet “im Glas”. Der lateinische Ausdruck ist vor allem in Verbindung mit der künstlichen Befruchtung bei Menschen und Säugetieren bekannt geworden.
Auch bei den Pflanzen geht es bei dieser Form um die Vermehrung. Kleinste Pflanzenteile, teilweise nur einzelne Zellen, werden auf einer Nährlösung in Reinsträumen, also unter sterilen Bedingungen zum Wachsen gebracht und so zur Verkaufsgröße gebracht. Die Pflanzen gelangen also ohne unerwünschte Nebenprodukte, wie Algen, Schnecken, Planarien, Hydren, Pestizide usw. bis zum Endkunden. Bei herkömmlichen Pflanzenangeboten kann all dies schon mal mitgekauft werden.
Invitro ist also quasi nichts Anderes, was auch jeder Pflanzenhalter selbst versucht: Die Vermehrung der Pflanze. Wenn auch auf einem anderen Level. Diese Pflanzen sind also nicht künstlich erschaffen worden. Die Töpfe kommen zwar aus dem Labor, aber die Pflanzen ursprünglich ganz normal aus der Natur.
Warum im Kühlschrank?
Zunächst einmal sind diese Kühlschränke deutlich wärmer eingestellt, als man es aus der Küche kennt. Die Temperatur liegt in der Regel zwischen 14 und 16°C. Trotzdem ist das natürlich deutlich kälter, als in der normalen Haltung.
Der Grund liegt in der Haltbarkeit. Je wärmer es ist, desto besser ist das Wachstum, natürlich nur bis zu einer gewissen Grenze. Je besser die Pflanze wächst, desto mehr der Nährstoffe nimmt sie auf. Da diese Becher geschlossene Systeme sind, ist der Nährstoffeintrag begrenzt. Ohne Nährstoffe geht die Pflanze ein.
Durch die niedrige Temperatur sind die InVitro-Pflanzen also länger lagerbar.
Warum sind die Pflanzen nicht unter Wasser?
Wasserpflanzen, die nicht unter Wasser verkauft werden, sind auf dem ersten Blick ebenso merkwürdig, wie Landpflanzen die in manchen Geschäften in Aquarien gehalten verkauft werden. Leider bleiben reine Landpflanzen im Aquarium auch auf den zweiten Blick merkwürdig. Kommt aber durchaus vor.
Die InVitro-Pflanzen dagegen werden größtenteils als emerse, also über der Wasseroberfläche wachsende, Form gezogen. Erst beim Endkunden werden sie im Aquarium eingesetzt und bilden dort ihre submerse (unter der Wasseroberfläche wachsende) Form. Daher sind die Anpflanzungshinweise an den Bechern besonders wichtig. Befolgt man die Hinweise, wachsen die InVitro-Pflanzen in der Regel gut an. Insbesondere wenn dort steht, dass man die Pflanzen aus dem Topf fast komplett zurückschneiden soll. Das bedeutet meist, dass bei dieser Pflanze die emerse Form eingeht und komplett neue submerse Triebe gebildet werden. Die emersen Blätter würden daher im Aquarium den Neuwuchs nur stören und die eingehenden Blätter unnötig das Wasser belasten.
Das allerdings als Nachteil anzuführen, wäre nicht ganz korrekt, da die meisten anderen angeboten Pflanzen im Handel auch emers gezogen worden sind und erst im Handel im Aquarium landen. Moderne Geschäfte bieten diese Pflanzen heutzutage in einem Regal an, dass die Pflanzen nur berieselt. Nur reine Unterwasserformen werden in der Regel in den Gärtnereien submers gezogen. Submers gezogene Pflanzen bekommt man daher meistens nur über Privatkäufe. Leider kann man sich aber auch bei Privatkäufen nicht immer sicher sein.
Vorteile und Nachteile
Vorteile für den Endverbraucher:
Der größte Vorteil ist die Reinheit der Pflanzen. Es gibt keine Algenanhaftungen, Schneckeneier, Planarien oder sonstige Schädlinge. Die Auswahl an Pflanzen ist durch In-Vitro deutlich größer geworden. Die Preise für In-Vitro-Pflanzen sind relativ günstig.
Nachteile für den Endverbraucher:
Die Pflanzen sind in der Anfangszeit deutlich anfälliger. Sie brauchen für die Umstellung zur Aquarienhaltung deutlich länger als beispielsweise Topfpflanzen.
Vorteile für den Händler:
Der Händler kann ein deutlich größeres Angebot bieten. In den Pflanzenbecken der Händler ist der Platz sehr begrenzt. Vor allem in der Vielfalt der Arten ist bei den herkömmlichen Angebotsarten, die Auswahl stark limitiert. Die Haltbarkeit in den Bechern sollte gegenüber dem Pflanzbecken besser sein.
Nachteil für den Händler:
Der einzige Nachteil für den Händler ist der zusätzliche Platzbedarf für die Kühlschränke und deren Energieverbrauch.
Vorteile für den Produzenten:
Der Produzent kann seine Produkte sicher und vor allem effektiv an die Händler verschicken. Reklamationen dürften auf ein absolutes Minimum sinken. Das Angebot “reiner” Pflanzen ist sicher verkaufsfördernd. Die Produktion dürfte mit deutlich geringerer Ausfallrate einhergehen (verglichen mit der normalen emersen Aufzucht in Gewächshäusern oder gar Freiland)
Nachteile für den Produzenten:
Die Produktion von In-Vitro-Pflanzen dürfte deutlich energieintensiver sein. Der Aufwand zu Beginn sollte höher sein, dürfte dafür aber bei der weiteren Aufzucht sinken.