Purple Zebra Shrimp

Die Purple Zebra Shrimp ist keine Garnele, sondern ein Knallkrebs.

Zur Taxonomie und Haltung der Purple Zebra Shrimp

veröffentlicht in Ausgabe 6 im Mai 2008

Werner Klotz

Fast zwei Jahre sind vergangen, seit die ersten Tiere unter dieser Bezeichnung in der Aquaristik aufgetaucht sind. Erstaunlich wenig weiß man aber bis heute von deren exakter taxonomischer Stellung, der Herkunft dieser Tiere und den Bedingungen im natürlichen Habitat dieser netten Garnelenart.

Potamalpheops sp. Sulawesi – Purple Zebra Shrimp

Nachdem die ersten Tiere dieser Art zuerst in Indonesien und den USA im Handel auftauchten wurden sie von den Händlern oder ersten Besitzern vorerst als Neocaridina angesprochen. Bereits die geringe Körpergröße und das auffallend kurze, hinter den Augen versteckte Rostrum müssen einen aber eigentlich sofort an dieser Zuordnung zweifeln lassen.

Auffallend kurze Rostrum

Beobachtet man die Tiere im Aquarium sollte dem erfahrenen Garnelenhalter auch schnell auffallen, dass die Tiere nicht wie andere Zwerggarnelen mit Hilfe von Pinselscheren Detritus oder Aufwuchsorganismen vom Boden, Pflanzen oder Einrichtungsgegenständen abstreifen.

1. Scherenbein

Mit Hilfe einer Lupe oder eines Mikroskops kann man leicht erkennen, dass die Tiere winzige aber gut ausgebildete Scheren, ähnlich denen von kleinen Großarmgarnelen tragen.

2. Scherenbein

Das 2. Scherenbein zeigt unter dem Mikroskop ein besonders interessantes Merkmal. Das „Unterarmglied“ der Carpus ist durch eine Reihe von Gelenkshäuten in 5 Abschnitte untergliedert, was dieses Scherenpaar besonders beweglich macht. Dieses Merkmal ist auch der Schlüssel zur taxonomischen Stellung der Purple Zebra Garnelen. Einen solch untergliederten Carpus findet man bei der Familie der Knallkrebse, den Alpheiden. Anders als bei den aus der Meerwasseraquaristik bekannten Tieren der Gattung Alpheus zeigen die Purple Zebras aber keinen zu einem „Knallapparat“ umgestaltete Schere und sind in die Gattung Potamalpheops Powell, 1979 zu stellen. In dieser Gattung finden sich neben einigen flache Meeresgebiete oder Mangrovengürtel bewohnenden bisher nur zwei mit Sicherheit dauerhaft das Süßwasser bewohnende Arten. Einmal eine unterirdisch lebende Art aus Mexiko und Potamalpheops amnicus aus Malaysien. Von dieser Art unterscheiden sich unsere Tiere aber in einigen morphologischen Details. Die größte morphologsiche Ähnlichkeit finden wir bei P. palawanensis, einer aus einer anchylainen, also mit dem Meer verbundenen aber zumindest zeitweise Süßwasser führenden Höhle auf den Philippinen stammenden Art. Die von Christian Splettstößer zur Verfügung gestellten Tiere wurden inzwischen auch von Dr. Arthur Anker vom Smithsonian Institute in Panama, dem zurzeit weltweit einigen Wissenschaftler, der sich intensiv mit der Taxonomie dieser Art beschäftigt untersucht. A. Anker bestätigt weitgehend meine Meinung zu den Tieren, bevor er aber sagen kann, ob es sich hier um eine bisher noch nicht beschriebene Art handelt, muss noch ein direkter Vergleich mit den in Singapur hinterlegten Typusexemplaren einer weiteren aus Indonesien stammenden Art P. miayi gemacht werden. Auch phylogenetische Untersuchungen sollen an dem konservierten Material erfolgen.

Für den Aquarianer wichtiger als die exakte wissenschaftliche Benennung wäre aber das Wissen um die Verhältnisse in den natürlichen Lebensräumen dieser Art und damit die Kenntnis der Bedingungen bei denen diese Tiere im Aquarium gehalten werden sollten. Etliche Versuche, die Tiere dauerhaft im Süßwasseraquarium zu halten oder gar nachzuziehen sind ja bisher gescheitert.

Laut den Angaben des indonesischen Exporteurs wurden die Tiere auf Sulawesi in kleinen, zeitweise trocken fallenden Bächen in klarem, weichem Wasser mit leicht saurem pH Wert gefangen. Damit müssten die Tiere aber, abgesehen von einem etwas höheren Temperaturbereich, wie viele andere südostasiatische Süßwassergarnelen zu halten sein. Den genauen Fundort oder den Namen des Gewässers wollte der Exporteur aber nicht nennen.

Möglicherweise lag der Fundort aber in Meernähe und die Gewässer unterliegen dem Gezeiteneinfluss oder aber die gefangenen Tiere stiegen aus den brackigen Mündungsgebieten in nahe gelegene Süßwasserabschnitte auf. Unter ähnlichen Verhältnissen finden wir ja die morphologisch sehr nahe stehende Art P. palawanensis. Auch hier wurden die Typusexemplare in reinem Süßwasser gefangen. Das Habitat dieser Art wird aber gezeitenabhängig 2-mal täglich mit Meerwasser geflutet. Auch morphologisch sprechen Merkmale dafür, dass es sich bei den Purple Zebra Shrimp um Bewohner eines für die Gattung typischen brackigen Lebensraumes handelt. Die Eigröße der Tiere 0,6-0,7 x 0,4 mm liegt im Bereich jener der marinen Vertreter der Gattung und deutlich unter jener der Süßwasserart P. amnicus mit 1,2 x 0,9mm. Die Schreibeine der Tiere tragen auffallend lange, sichelförmige Endkrallen, ebenfalls ein Merkmal von Garnelenarten, welche auf weichem Schlamm leben. Tiere aus schnell fließenden Süßwasserbiotopen wie viele der bekannten Zwerggarnelen tragen dagegen meist kurze kräftige Endkrallen, welche einen sicheren Halt auf festem Untergrund ermöglichen. Die mir im September 2007 für Fotozwecke geschenkten Tiere leben bei mir nunmehr über 4 Monate in einem kleinen Brackwasserbecken mit schwankender Salinität bis 15 Promille und einer Temperatur von ca. 28°C und scheinen sich hier zu halten. Die Tiere leben allerdings sehr versteckt im Lückensystem einiger Schieferplatten und Wurzelstücke. Nur abends oder beim Wasserwechsel verlassen die Tiere ihre Verstecke und schwimmen im Becken umher. Gefüttert werden die Tiere von mir mit feinem Granulatfutter und gefrosteten Mückenlarven.

Die Purple Zebra Garnele ist damit ein weiteres Beispiel dafür, wie solche interessant gefärbten Tiere für die Aquaristik gefangen und gehandelt werden ohne die Ansprüche der Art zu kennen oder den Aquarianern mitzuteilen. Wären die tatsächlichen Bedingungen unter denen die Tiere im natürlichen Habitat leben bekannt (nicht nur punktuelle Wasserwerte zum Zeitpunkt des Fanges!) wären möglicherweise vielen Aquarianern schmerzvolle Verluste mit dieser Art erspart geblieben.